Seit anderthalb Jahren sind Schülerin Neele und ihre Mentorin Sophie Wilkens ein Lesetandem an der Carl-Cohn-Schule in Hamburg-Winterhude. Neele ging in die dritte Klasse, für Sophie war die Schülerin ihr erstes Lesekind bei MENTOR - Die Leselernhelfer HAMBURG e.V.
„Es war Freude auf den ersten Blick,“ erinnert sich die 82-Jährige, „Neele, das Schulkind und ich, die ehrenamtliche Lesementorin Sophie, das wird passen,“ dachte ich mir damals. Nach der Begrüßung und einem gegenseitigen Austausch der Ideen für ein gemeinsames Lesejahr, kamen die beiden schnell auf den Punkt: Die damals 9-jährige Neele, Schülerin der 3. Grundschulklasse hatte zwar keine Lust zum Lesen (und damit automatisch auch nicht zum Schreiben), aber sie wusste genau: Wenn ich nicht lesen kann, kann ich nicht verreisen, weil ich dann nicht weiß, wo ich gerade bin, berichtet die Mentorin von den Überlegungen ihres Lesekindes damals.
„Der Start war für uns beide eine Herausforderung der besonderen Art: Mir wurde klar, dass die Vorbedingung für unser ganzes zukünftiges Lesen die Erkenntnis war: Das große und das kleine Alphabet muss sitzen!“, so Wilkens.
Die kreativen Übungen rund um Buchstaben, Worte und Sätze gestaltete sie entsprechend so lebendig und freudvoll wie möglich. Dass Neele selbstverständlich ihren Teil dazu beiträgt, ist klar: „Sie bringen Neele Spaß und gleichzeitig lernt sie die wichtigen Themen für die Schule kennen“, meint die Mentorin.
Mit Hilfe des Comics „Simons Cat“ von Simon Tofield wurden die letzten Hindernisse beseitigt. Die Mentorin erwarb das Buch und Neele füllte darin selbst gezeichnete Sprechblasen mit kleinen Texten rund um die lustige Katze aus. „Sie hatte große Lust, die witzigen und verrückten Situationen des Katers mit Sprechblasen zu versehen. Zu unserer beider Freude eine ideale Kombination aus Lesen und Schreiben,“ resümiert Wilkens. „Die Lust aufs Lesen, inzwischen ist Neele zehn Jahre alt und in der 4. Klasse, schien plötzlich über Nacht da zu sein,“ freut sie sich. Und auch die Lehrerin, Frau Rausch, spreche von einem Knoten, der sich bei Neele gelöst habe.
Und was sagt Neele?
Welche Erfahrungen hast du mit deiner Lesementorin gemacht?
Neele: „Damals war ich sehr schüchtern und ich wusste nicht, was ich mit ihr reden sollte. Mir gefällt, dass wir uns am Anfang der Stunde immer erstmal darüber austauschen, was wir von Dienstag zu Dienstag so erlebt haben. Wenn ich mich wohlfühle und keinen Druck habe, bringt es viel mehr Spaß zu lesen und zu lernen.“
Welche Tipps kannst du Kindern geben, die nicht so gut lesen können?
Neele: „Mit der Lesementorin ist das Lesen weniger anstrengend als im Unterricht. In der Klasse ist immer die Gefahr, dass andere lachen, wenn man vorlesen
muss. Außerdem hat man keinen Druck beim Vorlesen: ‚Wo bin ich jetzt gerade?‘. Und man hat mehr Zeit, die Worte zu verstehen, die man liest.“
Wenn Du heute einen Text vorgelegt bekommst, wie reagierst Du?
Neele: „Jetzt habe ich Lust aufs Lesen, weil es mir mehr Spaß macht, wenn ich verstehe, was ich lese. Wenn man viel liest, kann man sich die Worte besser merken. Heute kann ich den Text runterrattern.“ 16.04.2025